Wo James Bond mit dem Flugzeug notlandet

30.10.2015 | Stand 30.10.2015, 10:03 Uhr

Durch dieses Loch im eigens errichteten Holzhaus, auf das Obertilliachs Bürgermeister Matthias Scherer zeigt, kracht im neuen James-Bond-Film "Spectre" ein Flugzeug. Zu Beginn des Jahres wurde in Osttirol gedreht. − Fotos: Aichinger

Agent 007 lässt es in "Spectre" in den Alpen krachen. Die PNP hat das etwas abseits vom Schuss gelegene Obertilliach in Osttirol und das Hotel der Filmcrew in Sillian besucht.

"Jeder hier ist stolz, dass so eine große Produktion uns ausgesucht hat. Die Bevölkerung hat das sehr positiv aufgenommen – trotz der Einschränkungen. Es war einzigartig, das miterleben zu dürfen", sagt Matthias Scherer. Der 45-Jährige ist der Bürgermeister von Obertilliach, ein Dörfchen auf 1450 Metern Höhe im hinteren Lesachtal an der Grenze zu Italien. Im Januar dieses Jahres herrschte im sonst so beschaulichen 700-Seelen-Ort mit seinen 900 Gästebetten Ausnahmezustand. Rund drei Wochen lang wurden hier Sequenzen des neuen James-Bond-Films "Spectre" gedreht, der am 5. November in die Kinos kommt. Bis zu 350 Menschen waren an dem Dreh im Schnee beteiligt.

Bereits im Herbst 2014 hatte der Aufbau der Kulissen begonnen. Auf einer Wiese am Rande des Dorfes haben Zimmerer aus der Region aus Holz von einem antiken Bauernhof einen Tiroler Stadel und mehrere kleine Hütten errichtet. Auch wenn die Handlung des Films streng geheim ist, so haben Augenzeugen der Dreharbeiten Folgendes verraten: In Obertilliach soll ein Kleinflugzeug abstürzen, über die Skipiste poltern, die eigens dafür mehrere Tage lang gesperrt war, und schließlich mit viel Getöse durch die Wände des Holzhauses krachen. Dort bleibt das verbeulte Wrack rauchend und ohne Flügel liegen. Dann betritt Daniel Craig als Geheimagent 007 die Szene und rettet Lea Seydoux, die das Bondgirl Madeleine Swann spielt. In den Gassen des Dorfes, die so eng sind, dass sich die Dächer der denkmalgeschützten Häuser fast berühren, werde das Katz-und-Maus-Spiel mit den Verfolgern dann weitergehen. Bei den Dreharbeiten waren Schüsse zu vernehmen, normalerweise fallen die hier nur im örtlichen Biathlon-Zentrum.

Die Location Scouts als England haben sich offensichtlich für das alte Wehrdorf entschieden, weil es äußerst kompakt gebaut und authentisch geblieben ist. Im Ortskern sieht es aus, als wäre die Zeit vor 300 Jahren stehen geblieben. Vor den dunkelbraun verwitterten Fassaden sind Brennholzstapel errichtet, dazwischen türmen sich Misthaufen auf. Kaum eine Bausünde, geschweige denn ein Hotelturm stört das Bild der Alpen-Idylle. Obertilliach, die Wahlheimat der norwegischen Biathlon-Legende Ole Einar Björndalen, ist vom Massentourismus verschont geblieben und gilt vor allem als Urlaubsdomizil für Ruhesuchende und Familien. Es gibt hier im Winter das kleine Skigebiet Golzentipp mit einer neuen Zehner-Gondelbahn, eine 7,5 Kilometer lange Rodelbahn und ein Loipennetz von 60 Kilometern, das bis nach Kärnten reicht. Im Sommer kommen vor allem Wanderer, die auf den zahlreichen Touren die malerischen Ausblicke auf die Lienzer Dolomiten und Karnischen Alpen zu schätzen wissen.

Das Film-Team hatte dagegen kaum Zeit, die Naturschönheiten zu genießen. "Das war alles sehr gut vorbereitet und wurde äußerst professionell und zügig abgewickelt", berichtet Scherer vom Einfall der internationalen Truppe, für die sogar ein eigenes Verkehrskonzept erstellt wurde. Außerhalb des Ortes errichtete man eine Zelt- und Containerstadt inklusive eines großen Parkplatzes. Der eigentliche Drehort wurde weiträumig abgesperrt und von Security streng bewacht – vor allem an den vier Tagen, an denen Daniel Craig hier war. Neben dem Briten und der Französin Lea Seydoux wurden mit Ben Whishaw, der den Bastler "Q" spielt, und mit dem Wrestler Dave Batista (Schurke "Hinx") zwei weitere Hauptdarsteller mit dem Hubschrauber eingeflogen.

Und was bleibt von dem ganzen Aufwand im Kino übrig? "Es sollen mindestens zehn Minuten von Obertilliach zu sehen sein und der Ort ist klar zu erkennen", glaubt Scherer zu wissen, selbst wenn die Absturz- und Verfolgungsszene im fertigen Streifen in die Schweiz verlegt wurde, weil es sich Obertilliach finanziell nicht leisten konnte, im Film namentlich erwähnt zu werden. Näheres zum 24. Bond-Abenteuer, so der Bürgermeister, könne er nicht sagen, schließlich sei er zu strenger Verschwiegenheit verpflichtet worden. Auskunftsfreudiger zeigt er sich auf die Frage, ob er glaubt, dass sich die Dreharbeiten positiv auf die Bekanntheit von Obertilliach und den Tourismus auswirken werden: "Das denke ich schon, dass das ein Anschub ist. Aber man muss schauen, dass man das nachhaltig nutzen kann." Zunächst sei geplant, in einem der alten Kornkästen eine Fotodokumentation zum Drehspektakel zu erstellen. Auch das "James-Bond-Haus" aus Holz hätte man gerne erhalten, aber die Filmfirma ließ es mittlerweile wieder abreißen. Egal, was nachkommt, profitiert hat Osttirol auf jeden Fall. Schließlich hat der berühmteste Geheimagent der Welt für seinen neuesten Auftrag hier schätzungsweise vier Millionen Euro gelassen.

Profitiert hat davon auch die Dolomiten Residenz Sporthotel Sillian. Das noble Haus im Drautal mit dem 3000 Quadratmeter großen Wellnessbereich und dem eigenen Skizentrum Hochpustertal liegt rund 18 Kilometer von Obertilliach entfernt und war die Herberge der Filmcrew. "Wir hatten das Glück, die Leute hier zu haben, die wirklich den Film machen. Das war die Elite der Special Effects und Kameraleute. Eben die, die filmen und etwas explodieren lassen", sagt Michael Patzschke. Der Hoteldirektor beschreibt das 35-köpfige internationale Team, ausschließlich Männer, als "angenehme, weltoffene Weltenbummler, die äußerst fleißig" waren: "Sie haben von sechs Uhr morgens bis sechs Uhr abends gearbeitet – und das jeden Tag." Mit Glamour, so der 55-Jährige, habe das nichts zu tun gehabt: "Sie waren froh, wenn sie mal in den Wellnessbereich konnten, am Abend haben sie dann noch ein oder zwei Bier an der Bar getrunken und sind früh schlafen gegangen." Zeit, um in Ruhe einen Wein zu genießen, den ihnen Diplom-Sommelier Patzschke empfohlen hat, blieb ebenfalls kaum. Selbst nach dem Abendessen saßen die stets in ihre schwarze Arbeitskluft gekleideten Männer noch über ihren Tablett-PCs und haben über die Filmszenen des Tages diskutiert.

Von Starallüren, wie man es bei Filmleuten vermuten könnte, hat Patzschke nichts bemerkt. Im Gegenteil: "Das waren sehr angenehme Gäste, ganz normale, nette Menschen", betont er. Aber eines ist ihm dann doch aufgefallen: "Sie haben extrem viel Brot gegessen. Sie bekommen ja auf der ganzen Welt nur Weißbrot und da hat ihnen unser Bauernbrot so geschmeckt." Und als der bunt zusammengewürfelte Haufen zum nächsten Einsatzort Mexiko weitergereist ist, gab es vom Sporthotel Sillian noch etwas von der lokalen Spezialität mit auf den Weg. Als Erinnerung an den Dreh im Schnee und ans schöne Osttirol.

INFORMATIONEN:

ANREISENDer beste Weg nach Osttirol führt über die mautpflichtige Felbertauernstraße entweder über Zell am See oder Kufstein. Über Lienz geht es weiter auf der B100 Richtung Sillian und Obertilliach.

ÜBERNACHTEN

Die Dolomiten Residenz Sporthotel Sillian ist nach der umfangreichen Renovierung in diesem Sommer in die Superiorklasse aufgestiegen. Das stylische Familien-Wellnesshotel mit der 3000 Quadratmeter großen Vitalresidenz bietet ein abwechslungsreiches Sportprogramm. Es liegt direkt am idyllischen Drau-Radweg, im Winter befindet sich hier der Einstieg ins sonnenverwöhnte und schneesichere Skizentrum Hochpustertal-Sillian mit sieben Liften und 22,4 Kilometer Pisten von 1100 bis 2400 Höhenmetern. www.sporthotel-sillian.at

AUSKUNFTTourismusinfo Obertilliach, Dorf 4, A-9942 Obertilliach, +43/50212360. www.obertilliach.at www.osttirol.com

ANREISENDer beste Weg nach Osttirol führt über die mautpflichtige Felbertauernstraße entweder über Zell am See oder Kufstein. Über Lienz geht es weiter auf der B100 Richtung Sillian und Obertilliach.

ÜBERNACHTEN

Die Dolomiten Residenz Sporthotel Sillian ist nach der umfangreichen Renovierung in diesem Sommer in die Superiorklasse aufgestiegen. Das stylische Familien-Wellnesshotel mit der 3000 Quadratmeter großen Vitalresidenz bietet ein abwechslungsreiches Sportprogramm. Es liegt direkt am idyllischen Drau-Radweg, im Winter befindet sich hier der Einstieg ins sonnenverwöhnte und schneesichere Skizentrum Hochpustertal-Sillian mit sieben Liften und 22,4 Kilometer Pisten von 1100 bis 2400 Höhenmetern. www.sporthotel-sillian.at

AUSKUNFTTourismusinfo Obertilliach, Dorf 4, A-9942 Obertilliach, +43/50212360. www.obertilliach.at , www.osttirol.com