Auf den Seychellen fressen die Schildkröten Bananen

07.11.2014 | Stand 07.11.2014, 15:00 Uhr

Fast jede Seychellen-Insel hat weiße Traumstrände wie die Anse Lazio auf Praslin zu bieten. − Fotos: Christine de Silva

Tausend Meilen vom Rest der Welt entfernt liegt mitten im Indischen Ozean das Paradies. Auf seinen 115 Inseln währt der Sommer ewig – das wissen deutsche Fernsehzuschauer spätestens seit der Werbung für Raffaello und Bacardi. Denn nicht in der Karibik, sondern auf den Inseln Silhouette und La Digue wird gedreht, wenn an pudrig-weißen Sandstränden mit grau-rosa Granitfelsen und Palmen Süßigkeiten gegessen und Rum getrunken wird.

Wer die tropische Traumkulisse der Seychellen auf eigene Faust erkunden will, den führt der Weg vom Flughafen der Hauptinsel Mahé am besten direkt auf ein kleines Schiff. Dieses läuft die Sehnsuchtsstrände an und bietet kostengünstiger als die Fünf-Sterne-Resorts Unterkunft, Verpflegung und Transport in einem.

Relaxen auf dem SonnendeckAuf einwöchige Segel-Kreuzfahrten, bei denen man in fast privatem Rahmen fünf Inseln kennenlernen, sich an Ausflügen beteiligen oder einfach auf dem Sonnendeck relaxen kann, hat sich Silhouette Cruises spezialisiert. Mit zwei traditionellen Segelschiffen und zwei modernen Segeljachten schippert die niederländische Reederei ganzjährig von Insel zu Insel.

An Bord der Sea Star gehen an diesem Tag in Victoria, der lebhaften, mit 19.000 Einwohnern aber kleinsten Hauptstadt der Welt, 14 Passagier. Sie wollen sich auf eine Reise in den Garten Eden begeben. Während ein frischgebackenes Ehepaar sein Gepäck in der Honeymoon-Suite – einer von neun klimatisierten Gästekabinen mit je eigenem Bad – verstaut und die Matrosen den Anker einholen, hängt Kapitän Louis Abouville eine Staude mit kleinen grünen Bananen an der Reling des 40 Meter langen Dreimasters auf. Es sind weit über hundert. Sie sollen während der Reise in der Sonne reifen.

Es sind einzigartige Orte, die der Kapitän und seine neunköpfige Crew ansteuern. Einige der Inseln sind nahezu unberührt. Etwa Cousin, die mit 27 Hektar kleinste Granitinsel der Seychellen. In dem 1973 unter Naturschutz gestellten Reservat wurden eingeführte Pflanzen wie Baumwolle und Kokospalmen entfernt, der ursprüngliche Wald konnte sich regenerieren und mit ihm kehrten die Seychellenseeschwalbe und die Echte Karettschildkröte zurück. Nur wenige Stunden am Tag und nur von Naturschützern geführt kann Cousin besichtigt werden, wo Vögel am Boden in aller Ruhe ihre Eier ausbrüten.

Während die Sea Star von Cousin aus Kurs auf die nächste Inselschönheit nimmt, beginnen die Bananen aromatisch zu duften. Beim Mittagessen am großen Mahagonitisch auf dem überdachten Achterdeck ist man versucht, sich eine Frucht abzubrechen, doch verspeist wird sie erst, wenn sie sattgelb ist – und zwar weder von den Urlaubern noch von der Mannschaft. Die drei Hostessen und der Koch versorgen die Gäste derweil mit nicht minder leckerem kreolischem Fisch-Curry, Süßkartoffeleintopf, frischen Salaten und auf Mahé gebrautem Lagerbier.

Erst als die Sea Star vor Curieuse ankert, lüftet Kapitän Louis, ein Franzose, das Geheimnis um die Bananen. Sie sind ein Gastgeschenk für die urzeitlichen Bewohner von Curieuse. Übernachten kann man in dem Naturschutzgebiet nicht. Das Eiland gehört ganz den 150 teils über hundert Jahre alten Riesenschildkröten, die frei auf dem Gelände der Aufzuchtstation leben. Meist dösen die Vierbeiner in der Sonne. Doch erblicken die Tiere die Farbe Gelb, bringen sie ihren bis zu 1,20 Meter langen und bis zu 250 Kilo schweren Körper flott in Bewegung. Machen die Beine lang, strecken die Hälse und recken die weitaufgerissenen Mäuler den Besuchern entgegen. Ein tierisches Schauspiel, das andauert, bis alle Bananen samt Schale verspeist sind.

Doch die Seychellen sind nicht nur ein Paradies für Schildkröten. Passionierten Tauchern offenbart die Unterwasserwelt zwischen dem vierten und zehnten Breitengrad südlich des Äquators Fische, Korallen, Anemonen jeglicher Farbe und Größe. Mit etwas Glück kann man Unterwasserfotos von Napoleonfischen, Rochen und Barrakudas ergattern.

Rund 30 Euro kostet ein Tauchgang, maximal drei am Tag sind möglich. Wer nicht mit Tauchlehrer Julian, der auf der Sea Star die komplette Ausrüstung vorhält, zu verborgenen Höhlen vordringen möchte, sieht auch beim Schnorcheln am Riff die erstaunlichsten Meereslebewesen. Auch mit Stand-up-Paddeling, Kajakfahren und Angeln kann man sich die Zeit bis zum Abendessen vertreiben.

Per Fahrrad unterwegs auf der autofreien InselHat man sich an das sanfte Schaukeln des Schiffes gewöhnt, weiß man kaum mehr, ob die Romantik des Sonnenuntergangs oder die überwältigende Aussicht am Tag mehr faszinieren. Doch auch im Paradies tut etwas Arbeit gut. Die autofreie Insel La Digue etwa kann man – alternativ zum traditionellen Fortbewegungsmittel Ochsenkarren – per Fahrrad entdecken. Als Belohnung für das Strampeln ohne Gangschaltung gibt es Fotomotive an schönen Stränden. An der Anse Source d’Argent im Westen umschmeicheln bunte Fische die Badenden, an der Grand Anse an der Ostküste sorgt die tosende Brandung für Ehrfurcht vor den Naturgewalten.

Nicht verpassen darf der Seychellen-Urlauber auf Praslin eine Wanderung durch das UNESCO-Weltnaturerbe Vallée de Mai. In dem Palmendschungel wächst eine auf der Welt einzigartige Pflanze: die Coco de Mer, die das Wappen und die Währung der Seychellen ziert. Ihre Doppelfrucht gleicht dem weiblichen Schoß. Da liegt nahe, an welches männliche Körperteil der Blütenstiel erinnert. 25 Jahre alt müssen die Palmen bis zur Fruchtbarkeit werden. Gerne erzählen die Reiseführer den Mythos, dass die Bäume in stürmischer Nacht umherwandern und sich begatten. General Charles Gordon, der 1881 für die Briten die militärische Nutzbarkeit der Insel erkunden sollte, war von diesem Volksglauben so angetan, dass er glaubte, den biblischen Garten Eden gefunden zu haben. Statt des Apfels freilich lockt hier die sündige Coco de Mer.

INFOAnreisen: Von Frankfurt aus fliegt Condor jede Woche freitags nach Mahé und samstags zurück. Air Berlin bietet von München Umsteigeflüge über Dubai an. Kosten zwischen 700 und 1000 Euro.

Rundreise: Einwöchige Segeltouren mit Unterkunft und Vollpension hat Silhouette Cruises ab 1500 Euro im Programm, www.seychelles-cruises.com.

Auskünfte zu den Inseln: Seychelles Tourist Office, Hochstraße 17, 60313 Frankfurt/Main, 069/29720789, E-Mail: info@seychelles-service-center.de.

Auf Einladung von Silhouette Cruises segelte Christine de Silva, Redakteurin der Passauer Neuen Presse, um die Seychellen.