Baltimore − gefährlich gut

03.11.2014 | Stand 03.11.2014, 6:00 Uhr

Am Ostufer der Hafenpromenade trifft die traditionelle Ziegelbauweise auf moderne Architektur. Rund ums Hafengebiet können Besucher alle Facetten Baltimores entdecken. − Foto: Alexander Nöbauer

Es ist ein schwerer Stand, den die rund 620000 Einwohner zählende Hafenstadt Baltimore an der Ostküste der Vereinigten Staaten von Amerika hat. Eingepfercht zwischen der Hauptstadt der Welt, New York, und der Hauptstadt der USA, Washington D. C., fristet der Geburtsort von David Hasselhoff und des erfolgreichsten Olympioniken aller Zeiten, Schwimmer Michael Phelps, ein eher tristes Dasein. Denn so recht wahrnehmen will die größte Stadt im Staate Maryland niemand. Lediglich wenn einmal im Jahr die Liste mit den gefährlichsten Metropolen der USA veröffentlicht wird, ist Baltimore in aller Munde – und belegt immer einen der Top-Plätze im Ranking. Doch wie für jede andere Stadt auf der Welt gilt: So lange man weiß, wo man sich bewegen kann, muss man sich nicht die geringsten Sorgen machen.

Das einst runtergekommene, jetzt aber revitalisierte Hafengebiet von Baltimore, der Inner Harbor, zählt zu diesen Orten, wo man nicht Gefahr läuft, gleich Opfer eines Überfalls zu werden. Spelunken, aus denen gerade alte, grimmige Seebären torkeln, sucht man vergebens. Stattdessen reihen sich Geschäfte und Museen an Luxusappartements. So recht mögen viele von diesen modernen Gebilden aber gar nicht ins Bild passen, denn die neue Bauweise beißt sich ein wenig mit der Ziegelsteinoptik, die in Baltimore weit verbreitet ist und die sich sogar im Orioles Park at Camden Yards, dem Baseballstadion, niederschlägt.

Überhaupt hat sich das Hafengebiet in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten sehr verändert und sich vor allem dem jüngeren Publikum geöffnet. Macht man sich vom Hafen aus, vorbei am äußerst sehenswerten National Aquarium, auf den Weg Richtung Osten, so passiert man Little Italy und kommt schließlich in Fell’s Point an. Dort locken viele traditionelle Restaurants – natürlich mit Meeresfrüchten – und moderne Bars, aber auch urige Lokale.

Wandert man hier an der illustren Hafenpromenade mit ihren vielen Geschäften und Essensgelegenheiten entlang, hat man schon viel von der Stadt gesehen und den typischen Flair aufgesogen. Weiter im Norden gibt es zwar die für jede US-Großstadt typischen Wolkenkratzer, mehr als Wohnungen oder Büros beherbergen diese aber nicht – also nichts, was man besichtigen oder gar erklimmen könnte. Anders als am Hafen wirkt es dort schlichtweg leer und leblos.

Kulinarische EntdeckungenNoch kulinarischer wird es in der Genussstadt Baltimore, wenn man vom Hafen aus die andere Richtung, also Westen, einschlägt und im Federal Hill District ankommt: Seit gut 150 Jahren gibt es hier den Cross Street Market, wo lokale Farmer und Händler auf knapp 2800 Quadratmetern allerlei frische Delikatessen anbieten, egal, ob Fleisch, Meeresfrüchte oder typisch amerikanische Spezialitäten wie das Philly-Cheese-Steak. Doch auch wer sich nur ein Feierabendbier gönnen möchte, ist im Federal Hill District genau richtig: Wie der Teil östlich des Hafens beherbergt auch der Westen unzählige Kneipen und Bars, darunter solche Kultstätten wie das Pickels Pub etwas weiter im Norden. Hier bekommt man Baltimore-Kultur pur mit, wenn das örtliche Baseball-Team, die Baltimore Orioles, seine Heimspiele austrägt und die orange-schwarz gekleideten Anhänger vor sowie nach der Partie ins Pickels pilgern, um dort ihr Bierchen zu genießen.

"Wenn man das Gebiet rund um den Hafen gesehen hat, hat man das Beste und Wichtigste gesehen", hört man an diesem sonnigen Nachmittag viele gut gelaunte Bewohner der Stadt immer wieder sagen, wenn man sie nach dem Weg fragt oder sich bei einem Kaffee an der Uferpromenade mit ihnen unterhält. Überrascht wirkt der eine oder andere, wenn man, mit einer Kamera bewaffnet, nach dem Weg fragt, denn mit Tourismus ist es (noch) nicht so weit her in Baltimore − jedenfalls im Vergleich zu den großen Nachbarn New York, Washington D. C. und Philadelphia. Kommt es aber zum kulinarischen Aspekt, muss sich die "bezaubernde Stadt", so der Spitzname Baltimores, keineswegs verstecken: ein Top-Ten-Platz dürfte ihr sicher sein.

INFOInternet: Ausführliche Informationen in englischer Sprache gibt es unter http://baltimore.org.

Alexander Nöbauer, Mitarbeiter der Passauer Neuen Presse aus Kastl (Landkreis Altötting), reiste auf eigene Faust nach Baltimore.