Erst der Porno-"Tatort" aus München mit freizügigen Szenen und Begriffen, eine Woche später eine nackte Stuttgarter Staatsanwältin im RAF-"Tatort" – und gestern Abend nun als Novum ein ganz nackter Kommissar im Badezimmer in der Bremer Episode "Zurück ins Licht". Penis-Alarm bei dem von Oliver Mommsen (48) gespielten Ermittler Stedefreund. Wird der "Tatort" immer tabuloser?
"Tatort"-Experte François Werner von "Tatort-Fundus.de" hat alle Krimis der Reihe gesehen. Er findet es durchaus interessant, wie der "Tatort" als beliebteste TV-Reihe der Bundesrepublik im Lauf seiner Geschichte mit Nacktheit umging. Werner sieht dafür zurzeit eine gestiegene Aufmerksamkeit – nicht zuletzt seit der vieldiskutierten Folge "Hardcore" vom 8. Oktober über die Pornofilmszene in München, in der zur besten Sendezeit am Sonntag mehrfach Nackte zu sehen waren. Und es in den Gesprächen über Sexpraktiken durchaus ins Detail ging.
Waren es vor ein paar Jahren noch die angeblich zu vielen Leichen im "Tatort" und die mutmaßlich wachsende Gewalt, über die diskutiert wurde, lautet die Frage heute eher: Gibt es zu viel Sex und nackte Haut im Sonntagskrimi des Ersten? Allem Anschein nach ist jedenfalls Oliver Mommsen nun tatsächlich der erste "Tatort"-Kommissar, der ganz nackt von vorne zu sehen war. In der gestrigen Folge stand die Beziehung seiner Figur Stedefreund zur BKA-Kollegin Linda Selb (Luise Wolfram) stark im Fokus.
"Zu vollem Körpereinsatz musste man mich noch nie lange überreden, sagt Mommsen zu dem Nackt-Auftritt. "Bei den Drehbüchern halte ich mich grundsätzlich raus." Ob er sich ein Okay für die Nacktszenen bei seiner Frau geholt habe? "Meine Frau ist Kummer gewohnt, das ist nicht das erste Mal, dass bei mir die Hüllen fallen. Aber meinen Kindern muss ich den Film nicht unbedingt zeigen."
Nackte Haut und Sex hat es im "Tatort" seit 1970 immer wieder gegeben. Auch Kommissare waren schon unbekleidet, aber bislang etwas weniger deutlicher als diesmal. Horst Schimanski – also Götz George – lief etwa in der Folge "Zweierlei Blut" (1984) nackig durch den "Tatort", nachdem ihn Verbrecher unbekleidet im Duisburger Wedaustadion abgelegt hatten. Er war aber nur von weitem und hinten zu sehen. Filmstar Til Schweiger hielt als Hamburger Ermittler Nick Tschiller zu Beginn der Folge "Kopfgeld" (2014) seinen nackten Po in die Kamera.
Für Aufsehen sorgte 2016 auch die Berliner Folge "Wir - Ihr - Sie", in der Kommissar Robert Karow (Mark Waschke) bei schwulem Sex zu erkennen war, wenn auch nicht im Detail. Historisch sind außerdem auch die nackten Brüste der jungen Nastassja Kinski im Kultkrimi "Reifezeugnis" (1977) zu nennen. Im März 2017 erst zog auch ein Kieler Krimi Aufmerksamkeit auf sich. Im Film "Borowski und das dunkle Netz" gab es eine Nacktszene mit der übergewichtigen Schauspielerin Sonja Hermuth. Ein Statement, zum eigenen Körper zu stehen.
− dpa
