Passau
Atommüll: So gehen andere Länder damit um

10.04.2013 | Stand 10.04.2013, 20:00 Uhr

Jeder hat ihn und keiner weiß, wohin damit. In Deutschland wird weiter heiß diskutiert, wo und wie in der Republik der Atommüll gelagert werden soll. Auch der Bayerwald ist im Gespräch. Die PNP hat über die Grenze geschaut: So gehen andere Länder mit ihrer Atommüll-Endlagerung um.

Finnland:

Die Finnen sind Vorreiter. Als erste weltweit bauen sie ein gigantisches, unterirdisches Endlager für ihren eigenen Atommüll auf der Insel Olkiluoto an der Westküste des Landes. Bereits seit 2004 bohren die Finnen direkt neben dem größten finnischen Atomkraftwerk in den Granitfels. In einem Endlager für die Ewigkeit soll ab 2020 der gesamte finnische Atommüll lagern. In Kupferkanistern eingeschlossen soll er mehr als 400 Meter unter der Erdoberfläche im Granitfels versenkt werden. Ist alles gefüllt, soll mit Beton versiegelt werden.

Schweden:

Auch beim skandinavischen Nachbarn Schweden ist der Standort des Endlagers beschlossene Sache. Auch hier soll der Atommüll in Granitstein eingeschlossen werden – bei Östhammar, 150 Kilometer nördlich von Stochholm, im Osten des Landes – und auch dort ist ein bestehendes Atomkraftwerk in der Nähe. Bis zu 12.000 Tonnen sollen dort gelagert werden können und bereits 2022 könnte es in Betrieb genommen werden und die ersten Kupferkapseln eingelagert werden. Bislang werden auf dem Gelände des AKW verbrauchte Brennstäbe in einem Zwischenlager verwahrt.

Frankreich:

Bereits 2006 hat Frankreichs Regierung den Bau eines Endlagers beschlossen. Derzeit wird im Nachbarland– wo 75 Prozent des Stroms von den 58 Reaktoren produziert wird – die unterirdische Einlagerung des Atommülls in Bure, am Rande der Champagne und der Grenze zu Lothringen, erforscht. Begonnen wurde mit den Bohrungen rund 150 Kilometer von der deutschen Grenze bereits 1994. Statt in Granit sollen die Brennstäbe dort in 500 Meter Tiefe in einer etwa 130 Meter dicken Lehmschicht eingelagert werden. Bereits 2025 könnte der erste radioaktive Müll dort ankommen, eine endgültige Entscheidung will die Regierung jedoch erst nach Auswertung der Untersuchungen fällen. Zunächst 6000 Kubikmeter Müll soll das Endlager aufnehmen. Auf geplante Probebohrungen in der Bretagne oder im Zentralmassiv wurde nach Protesten verzichtet.

Schweiz:

Vier Kernkraftwerke sind in der Schweiz noch in Betrieb. Nach einem Bericht, der 2012 in der Züricher Sonntagszeitung veröffentlicht wurde, stehen zwei Standort für Endlager zur Debatte: das Zürcher Weinland und der Bözberg. Benken könnte dabei als Tiefenlager für hoch radioaktive Abfälle und der Bözberg als Standort für schwach- und mittelradioaktive Abfälle dienen. Angestrebt wird dort die Lagerung in Tongestein. Von der Atomwirtschaft favorisiert wird ein Endlager in Benken bei Zürich.

Belgien:

Bis 2001 wurden Brennstäbe der belgischen AKW im französischen La Hague wieder aufbereitet, seitdem herrscht ein Moratorium. Zurzeit wird ein Untertagelabor in Mol betrieben, um eine mögliche Endlagerung radioaktiver Abfälle in Tonformationen zu untersuchen. Eine konkrete Standortentscheidung für ein Endlager für hochradioaktive Abfälle wird derzeit jedoch nicht angestrebt. Von der Inbetriebnahme eines Endlagers wird nicht vor 2080 ausgegangen.

Großbritannien:

Bislang wird hoch und niedrig strahlender Atommüll an mehreren Stellen vorübergehend überirdisch gelagert − vor allem in der Wiederaufbereitungsanlage Sellafield. In Wales wurde ein altes Kernkraftwerk in ein Zwischenlager für mehr als 300 Müllbehälter umgebaut. Sie sollen dort bis 2096 bleiben. Gegenwärtig wird mit dem Auswahlverfahren für ein Endlager für höher radioaktive Abfälle begonnen, das 2075 in Betrieb gehen soll.

Tschechien:

Auch Tschechien ist auf der Suche nach einem geeigneten Standort für ein Atommüll-Endlager. Im Gespräch war 2009 auch ein möglicher Standort im Dreiländereck – 40 Kilometer von der bayerischen Grenze entfernt. Das Ergebnis der geologischen Untersuchungen in Hornó Planá (Oberplan) in der Nähe von Krumau soll 2025 vorliegen.

USA:

Der US-Kongress hatte bereits den Weg für ein Endlager im Yucca Mountain, 160 Kilometer nordöstlich von Las Vegas, einem aus hartem Schmelztuff bestehenden Massiv neben dem Atomwaffentestgelände im Staat Nevada freigemacht. Bereits seit 1978 wurde dort die Endlagerung geprüft. 2011 sollte eigentlich mit der Einlagerung begonnen werden, doch das Bundesgericht rügte die Sicherheitsgarantie von 10.000 Jahren als zu kurz und forderte einen Nachweis für eine Million Jahre. Daraufhin stoppte US-Präsident Barack Obama 2009 das Projekt. Jetzt soll ein Ausschuss Alternativen prüfen. Der atomare Müll wird derzeit an Dutzenden Standorten im ganzen Land zwischengelagert. In New Mexico besteht in einem sehr dünn besiedelten Bezirk ein Endlager in einem Salzstock für Transuranabfälle aus der Kernwaffenproduktion. Mit mehr als 100 Kernkraftwerken verfügen die USA über das weltweit größte Atomprogramm.

Japan:

Bislang werden japanische Brennelemente zur Wiederaufbereitung nach Frankreich geschickt. Das Unglück von Fukushima hat die Dringlichkeit eines Endlagers für japanische Brennelemente jedoch noch einmal verschärft – denn aus sechs Reaktoren, die auf einmal abgeschaltet wurden, müssen die Brennelemente irgendwie entsorgt werden. Der Konzern Toshiba drängt auf ein gemeinsames Endlager der USA und Japans in der Mongolei. Aufgrund der geologischen Verhältnisse Japans, wo vier Erdplatten aufeinandertreffen, möchte man den Atommüll im eigenen Land nicht endlagern.

Russland:

Die Lagerung atomaren Mülls in Russland ist umstritten, vor allem wegen gravierender Sicherheitsmängel. Dennoch beschloss das russische Parlament, auch Atommüll aus dem Ausland anzunehmen. Mögliche Zielorte sind die Wiederaufbereitungsanlage in Majak im Ural, wo schon heute 400 Millionen Kubikmeter Abfall lagern, und Krasnojarsk in Sibirien. In der Vergangenheit wurden in Russland radioaktive Abfälle in Bohrlöcher verpresst, was aber eingestellt wurde aufgrund der Kritik seitens der International Atomic Energy Agency (IAEA). Inzwischen prüft Moskau Standorte für den Bau eines modernen Endlagers.

China:

In China lagern Brennelemente derzeit in Zwischenlagern. Für ein mögliches Endlager wird ein unterirdischer Standort angestrebt. In den 1980er Jahren fanden erste Bewertungen statt. Geplant ist zurzeit ein Standort in Beizhan, in der Wüste Gobi. Das Gestein, in dem der Müll versenkt werden könnte, ist Granit.

Bulgarien:

Bulgarien hat einen Multi-Millionen-Dollar-Vertrag mit einem internationalen Konsortium unterzeichnet, das den Auftrag für die Gestaltung eines Endlagers schwach- und mittelradioaktive Abfälle enthält. Das Endlager soll auf einem Nachbargrundstück des Kernkraftwerks Kosloduj entstehen.

Argentinien:

Untersuchungen zur Standortauswahl eines Endlagers begannen 1977. Insgesamt vier Stück in Granitformationen wurden in die engere Wahl gezogen: La Esperanza und Chasico in der Provinz Río Negro sowie Chalcatapul und Sierra del Medio in der Provinz Chubut. Als mögliche Option wurde daraus das Gebirge Sierra del Medio im Süden Argentiniens ausgewählt. Die Erkundungsarbeiten laufen seit 1986. Inzwischen hat die nationale Atomenergiebehörde CNEA das Projekt jedoch bis zum Jahr 2030 zurückgestellt.