Passau
PNP-Jahresrückblick 2017: So wütete der Sturm in der Region

29.12.2017 | Stand 21.11.2018, 12:08 Uhr


Wieder liegt ein Jahr hinter uns. Ein Jahr mit vielen Momenten, die uns auch in Zukunft in Erinnerung bleiben werden: Freudige, traurige, bewegende, lustige oder einfach besondere Augenblicke. Über viele dieser Ereignisse haben wir auf pnp.de berichtet – und Sie, liebe Leserinnen und Leser, haben mit ihren Kommentaren auf pnp.de oder über Social-Media-Kanäle anregende Diskussionen dazu angestoßen. Nun, zum Ende des Jahres 2017, wollen wir in sieben Episoden auf die Geschehnisse der vergangenen Monate zurückblicken.

Dieser Teil beschäftigt uns mit einem dramatischen Ereignis in der Region: das Unwetter am 18. August 2017.

Eine Spur der Verwüstung

Ein schweres Unwetter mit Starkregen, Gewittern und zum Teil orkanartigen Sturmböen hinterließ am Abend des 18. August 2017 eine Spur der Verwüstung in der Region. Mit einer Geschwindigkeit von bis zu 135 Stundenkilometern und literweise Regen zog der Sturm über Südostbayern hinweg. Zahlreiche Menschen wurden verletzt. Bei den Aufräumarbeiten starben im Landkreis Passau zwei Personen. Im Landkreis Altötting erlag ein Mann seinen schweren Verletzungen, die er sich bei Baumfällarbeiten nach dem Unwetter zuzuog. Auch in Oberösterreich starben zwei weitere während des Unwetters. Allein im Landkreis Passau belaufen sich die Verluste auf bis zu 100 Millionen Euro. Es kam zu zahlreichen Stromausfällen. Wie die Bayernwerk AG mitteilte, mussten mehr als 40.000 Haushalte und Betriebe im Bayernwerk-Netzgebiet zeitweise ohne Strom auskommen. Mehrere zentrale Versorgungsleitungen und zwei Umspannwerke waren mehrere Stunden vom Netz. Die häufigste Ursache: Blitzeinschläge und umgestürzte Bäume. Besonders betroffen waren die Regionen Waldkraiburg (Landkreis Mühldorf) und Passau. (Video: Jäger)

Chiemsee-Summer-Festival abgebrochen und abgesagt

Wie aus dem Nichts traf die Unwetterfront am Abend des 18. August 2017 das Chiemsee-Summer-Festival in Übersee am Chiemsee. Zwar wurde eine Evakuierung der etwa 20.000 Festivalbesucher schon vorbereitet, der Sturm kam jedoch schneller und heftiger als erwartet. Die PNP war live dabei. Um 21.40 Uhr wurde das laufende Konzert unterbrochen und die Veranstalter forderten die Besucher auf, das Gelände zu verlassen. Über 500 Gäste wurden in Notunterkünfte gebracht. Schon auf dem Weg zu den Bussen und Autos schlug der Sturm in voller Härte zu. Dabei wurden 60 Besucher verletzt. 22 von ihnen mussten ins Krankenhaus gebracht werden. Noch in der Nacht stellte sich heraus, dass auch der letzte Festivaltag am 19. August ausfallen musste. Die Sturmschäden an der Bühne und dem Veranstaltungszelt waren zu groß. Burghausen wurde das Open-Air-Konzert von Kabarettist Willy Astor gegen 22.30 Uhr abgebrochen. Gerade noch rechtzeitig vor heftigen Sturmböen und Regenfällen schafften es die meisten Gäste zu ihren Autos.
Auch das Echelon-Festival in Bad Aibling erwischte der Sturm. Die Gäste kamen in einer nahen Fliegerhalle unter. Etwa zehn Menschen wurden verletzt. Nachdem die Sturmschäden am Samstag beseitigt waren und die Rettungskräfte das Wasser abgepumpt hatten, konnte das Festival mit fast 20000 Elektro- und House-Musikfans wie geplant über die Bühne gehen. (Foto: Pfingstl)

Unwetternacht: Hunderte Notrufe in der Region

Bis Mitternacht des 18. August 2017 gingen in der Einsatzzentrale des Polizeipräsidiums Niederbayern 335 Notrufe ein. Aus diesen Notrufen generierten sich über 250 Einsätze im gesamten Regierungsbezirk Niederbayern. Dabei handelte es sich vor allem um Blitzeinschläge, abgedeckte Häuser, umgestürzte Bäume, auf der Fahrbahn liegende Äste, Stromausfälle von ganzen Ortschaften, (Fehl-)Alarme, Verkehrsunfälle mit Sachschaden, vollgelaufene Keller und überschwemmte Straßen. In der Einsatzzentrale Oberbayern Süd wurden im Zeitraum 21 bis 1 Uhr über 700 Einsätze mit Unwetterbezug verzeichnet, Notrufe waren zeitweise überlastet. Im gesamten Bereich wurden Bäume umgeknickt und dadurch Straßen blockiert. Auch sind Äste und Bäume auf Autos gefallen, hier kam es bei mehreren Personen zu leichten Verletzungen. (Foto: Pree/Heisl)

Katastrophenalarm in Passau

Im Stadtgebiet Passau haben sich in der Unwetternacht allein bei der Feuerwehr Passau – Löschzug Hauptwache – mehr als 75 Einsätze ereignet, wie FF-Pressebeauftragter Markus Kornexl auf PNP-Nachfrage mitteilte. Seit Mitternacht ist der Katastrophenalarm in Landkreis ausgerufen worden , teilte das Landratsamt mit. Es gab mehrere Verletzte. Die Einsatzkräfte sind auch am späten Samstagvormittag noch unterwegs. "200 Einsätze sind zu erwarten", glaubt Kornexl. Neben dem Löschzug Hauptwache sind freilich auch das Technische Hilfswerk und alle anderen Feuerwehren im Einsatz. Überflutete Straßen, umgestürzte Bäume und Keller unter Wasser waren die häufigsten Einsätze in der Nacht. Relativ viele Einsätze habe es bei diesem Unwetter gegeben, bei denen Personen in Fahrzeuge eingesperrt waren, weil Hindernisse die Türen versperrten.
Eine Besonderheit in der Nacht war die Evakuierung eines IC, der gegen 4 Uhr von Vilshofen in Richtung Passau unterwegs war und wegen eines Schadens an der Oberleitung halten musste. Etwa 60 Fahrgäste wurden von den Rettungskräften befreit und zu Bussen gebracht. (Foto: Zechbauer/zema-foto.de)

Sturmschäden treffen Waldbauern besonders hart

Der verheerende Sturm am 18. August 2017 zerstörte nicht nur Häuser, Gärten und Dächer. Auch die Natur trug großen Schaden davon. Die Sturmböen rissen in vielen Wäldern die bäume zu Boden und entwurzelten sie zum Teil vollständig. "Besonders betroffen sind die Bereiche Waldkirchen, Jandelsbrunn und Neureichenau. Hier wurden die Baumbestände nahezu komplett vernichtet," sagt Dr. Stefan Schaffner, Bereichsleiter der Abteilung Forsten im Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF). (Foto: Brunner)

Mindestens zwei Millionen Kubikmeter Schadholz nach Sturm

Das schwere Unwetter hat ersten Schätzungen zufolge mindestens zwei Millionen Kubikmeter Schadholz in Bayerns Wäldern verursacht. Mehr als 90 Prozent davon entfallen nach Angaben des Agrarministeriums in München auf die Landkreise Passau und Freyung-Grafenau. "Hier hat der Sturm Tausende Hektar Wald verwüstet und die Arbeit ganzer Waldbesitzer-Generationen zunichte gemacht", sagte Minister Helmut Brunner (CSU) im August in München. Weil damit für die Waldbesitzer enorme wirtschaftliche Einbußen und Aufwendungen verbunden sind, werde es staatliche Hilfsmaßnahmen geben. (Foto: Heisl)

Ministerpräsident Horst Seehofer verspricht "kräftige Hilfe"

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer besuchte am 28. August 2017 die Gebiete in der Region, die durch das Unwetter schwer beschädigt wurden. "Es ist eine Katastrophe, die einem die Sprache verschlägt", sagte Seehofer auf der Fahrt durch die Landkreise Passau und Freyung-Grafenau. Er sprach sich dafür aus, langfristig ein Programm zum "Waldumbau" aufzulegen, um Bayerns Wälder widerstandsfähiger zu machen. Laut Landwirtschaftsminister Helmut Brunner sollte zudem die Tonnage für Holztransporte auf 46 Tonnen erhöht und Fahrten auch am Samstag und Sonntag zugelassen werden. Außerdem sollte es in den Staatsforsten vorerst keinen Frischholzeinschlag mehr geben, um nicht noch mehr Holz auf den Markt zu werfen. Förster der Staatsforsten sollten Betroffene zudem bei den Aufräumarbeiten unterstützen. (Foto: Jäger)

Fünf Wochen nach dem Sturm: Noch immer kein Telefon und Internet

Auch fast fünf Wochen nach dem schweren Unwetter, das auch viele Telefonmasten umriss, lagen in den Gemeinden Jandelsbrunn (Landkreis Freyung-Grafenau) und Neureichenau noch Leitungen am Boden. Das bedeutete für Anlieger: kein Telefon und Internet. Beispiel Duschlwies. Sechs Häuser stehen in dem kleinen Weiler in der Gemeinde Jandelsbrunn, überall war der Anschluss als die PNP am 21. September darüber berichtete, noch tot. Aufatmen konnten die Anwohner jedoch knapp eine Woche später. Sechs Tage nach dem Zeitungsbericht waren die Leitungen repariert. (Foto: Flesch)