Passau/Deggendorf/München
Sollen Eltern statt Noten entscheiden? Das sagen Lehrer

25.04.2017 | Stand 18.09.2023, 1:53 Uhr
Christina Fleischmann

Um von der Grundschule auf die Realschule oder das Gymnasium zu wechseln, brauchen Schüler einen bestimmten Notenschnitt. In Zukunft sollen allein die Eltern über die Schullaufbahn entscheiden, fordert die SPD-Landtagsfraktion in einem Gesetzentwurf. − Foto: dpa

Die Note allein soll in Bayern nicht mehr darüber entscheiden, welche Schule ein Kind besuchen darf und welche nicht. Entscheiden sollen allein die Eltern. So sieht es zumindest ein Gesetzentwurf der SPD-Landtagsfraktion vor (die PNP berichtete). "Noten sind ein schlechter Wert", sagte dazu Martin Güll, Bildungsexperte der Landtagsfraktion und selbst ehemaliger Leiter einer Hauptschule.

Geht es nach Helmut Kaiser, könnten die Noten komplett wegfallen. Und nicht nur die. Auch auf die Lernzielkontrollen würde der Direktor der Grundschule Sankt Martin in Deggendorf am liebsten verzichten. In der vierten Klasse seien zwei Proben pro Woche vorgesehen. Das mache zwei bis drei Stunden plus Zeit für die Nachbesprechung, in der nicht unterrichtet, sondern nur Wissen abgefragt werde.

"Das Schulsystem ist an diesem Punkt krank"

"Eigentlich ist der LehrplanPlus toll", sagt Kaiser. Er sehe vor, dass die Kinder kreativ gefördert werden, sich individuell entwickeln können. Doch die Lernzielkontrollen, die in den vergangenen Jahren immer mehr geworden seien, passten dazu überhaupt nicht. Sie verhinderten eine entspannte Lernatmosphäre, setzten die Kinder unter Druck, gerade in der vierten Klasse vor dem Übertritt. Dass das Bildungssystem in dieser Form nicht funktionieren könne, sollte der eigentliche Grund für den Vorstoß der SPD sein, sagt Kaiser.

Für das Gymnasium brauchen Schüler im Übertrittszeugnis einen Notendurchschnitt von mindestens 2,33, für die Realschule 2,66. Erreichen sie den Schnitt nicht, können sie an einem Probeunterricht an der angestrebten Schule teilnehmen. Erreichen sie dabei in Deutsch und Mathematik mindestens die Note 4, dürfen sie auf die Schule wechseln.

"Das aktuelle Schulsystem in Bayern ist genau an diesem Punkt krank", sagt Simone Fleischmann, Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV). Der Vorschlag der SPD kratze nur an der Oberfläche des Problems. "Wir müssen uns mal anschauen, was eine Note eigentlich wert ist", sagt Fleischmann.Mehr zum Thema lesen Sie in Ihrer Heimatzeitung vom 25. April 2017 (Online-Kiosk) oder als registrierter Abonnent hier.