Deggendorf/Passau
Vorurteile? So geht es islamischen Gemeinden in Ostbayern

21.03.2017 | Stand 21.03.2017, 10:02 Uhr

Moschee und Minarett in Fischerdorf in Deggendorf. − Foto: Binder

Islamistischer Terror, Razzien bei Imamen des Moscheeverbands Ditib – viele Muslime fühlen sich ins falsche Licht gerückt. Es gibt islamische Gemeinden, die offen darüber reden. Und andere, mit denen in Kontakt zu treten schwieriger ist. Eine Spurensuche in Ostbayern.

Die Schuhe bleiben vor der Tür stehen, ab hier geht es auf Socken weiter. Osman Karabacak tritt in einen großen Raum, weiße Wände, roter Teppich mit goldenen Verzierungen, von der hohen Kuppel hängt ein großer Kronleuchter in die Mitte des Zimmers. An hohen islamischen Feiertagen füllt sich dieser Raum mit bis zu 400 Menschen. Hier geht es ums gemeinsame Gebet, um religiösen, um kulturellen Austausch, sagt Karabacak. "Politik hat hier nichts verloren."

Aussperren lässt sie sich aber auch nicht. Seitdem Islamisten immer wieder Terroranschläge verüben, seitdem über Gefährder berichtet wird, die sich auch in Moscheen radikalisieren sollen, seitdem Ermittlungen gegen Imame des Moscheeverbands Ditib laufen, wird auch in der Deggendorfer Gemeinde geredet. Man mache sich Sorgen, sagt Karabacak. Darüber, dass die Vorurteile gegenüber Muslimen weiter zunehmen. "Grundsätzlich merkt man eine Antipathie gegen den Glauben. Und das wird immer mehr."

Für Moscheen gibt es keine Registrierungspflicht

Karabacak, 41, geboren in Hengersberg, zweifacher Familienvater, angestellt bei einem Autohersteller, ist Vorsitzender der türkisch-islamischen Gemeinde Deggendorf, dem Trägerverein der Moschee. Seit einiger Zeit werde vieles durcheinandergeworfen. "Islam und Islamist – viele unterscheiden das nicht." Karabacak nennt die Attentäter von Würzburg, Ansbach und zuletzt Berlin "Terroristen", mit dem Islam hätten sie nichts zu tun. "Es gelingt uns nicht, das der Bevölkerung klarzumachen."

Möglicherweise liegt es auch daran, dass nicht alle so sehr den Dialog suchen, so sehr um Aufklärung bemüht sind wie Osman Karabacak und die Deggendorfer Gemeinde. Allein deren Moschee zieht die Blicke auf sich, dieses moderne Gebäude mit Kuppel samt Halbmond und dem Minarett, Symbol des Islam, mitten in Niederbayern – wo Muslime normalerweise zurückgezogen in unauffälligen Wohnungen beten.

Wie viele Moscheen es in Bayern genau gibt, ist nicht bekannt. Früheren Schätzungen zufolge dürften es um die 400 sein. Eine Zählung sei schwierig, da es für Moscheen keine Registrierungspflicht gebe und kein Amt darüber Buch führe, "zumal es in Deutschland und auch in Bayern zahlreiche Gebetsräume und ,Hinterhofmoscheen‘ gibt, deren Erfassung nahezu unmöglich ist", teilt das bayerische Innenministerium auf Anfrage mit. Nach Recherchen unserer Zeitung gibt es in der Region mindestens 14 Moscheen beziehungsweise Gebetsräume, die in der Regel von Vereinen getragen werden. In den Landkreisen Rottal-Inn, Dingolfing-Landau und Altötting sind jeweils drei bekannt, in Deggendorf zwei, in Passau, den Landkreisen Traunstein und Berchtesgadener Land je eine.

Einen ausführlichen Bericht lesen Sie in Ihrer Heimatzeitung vom 21. März 2017 (Online-Kiosk) oder als registrierter Abonnent hier.

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