München/Thyrnau/Hebertsfelden
Bayern will Kontaktverbot verschärfen – darf aber nicht

12.01.2017 | Stand 20.09.2023, 0:23 Uhr

In Hebertsfelden (hier im Bild) im Landkreis Rottal-Inn tötete am Montag ein 72-jähriger Rentner seine Nachbarin, die ein Kontaktverbot gegen ihn erwirkt hatte. Ein Stalking-Opfer musste an Silvester in Thyrnau (Lkr. Passau) sterben, als dringend tatverdächtig gilt ihr Mann, von dem sie getrennt lebte. − Foto: Schlierf

In kurzer Zeit starben in Ostbayern zwei Stalking-Opfer – getötet von Männern, denen zuvor ein gerichtliches Kontaktverbot auferlegt worden war. Beide Opfer hatten zuvor berichtet, dass sich der spätere Täter nicht an das Kontaktverbot gehalten habe. Ein Gerichtsverfahren war im Fall von Hebertsfelden (Lkr. Rottal-Inn) zwar bereits terminiert – kam aber zu spät. Die Politik kennt das Problem. Doch eine von Bayern eingebrachte gesetzliche Verschärfung scheiterte erst im Herbst im Bundesrat an den Gegenstimmen aus anderen Bundesländern.

So hatte sich Bayern dafür eingesetzt, "die Anordnungsmöglichkeiten der Untersuchungshaft auf alle Arten der Nachstellung zu erweitern, indem bei entsprechendem dringenden Tatverdacht auch hier der Haftgrund der Wiederholungsgefahr gesetzlich ermöglicht werden sollte", so das bayerische Justizministerium gegenüber der Heimatzeitung.

Die gesetzliche Änderung wäre minimal gewesen – aber hätte starke Wirkung gehabt. In der Strafprozessordnung wird in Paragraf 112a der "Haftgrund der Wiederholungsgefahr" definiert. Unter bestimmten Voraussetzungen, die in dem Paragrafen genannt werden, könne ein Beschuldigter bereits bei hinreichendem Verdacht in Untersuchungshaft genommen werden. In den Voraussetzungen wird zwar auch jetzt schon der "Nachstellungsparagraf" (238 Strafgesetzbuch) genannt, der Menschen vor Stalkern schützen soll. Ausreichend für die Untersuchungshaft sind allerdings erst die schweren Fälle der Nachstellung, etwa "wenn der Täter das Opfer, einen Angehörigen des Opfers oder eine andere dem Opfer nahe stehende Person durch die Tat in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt". Die einfacheren Fälle der Nachstellung hingegen, etwa wenn ein Täter jemandem "unbefugt nachstellt, indem er beharrlich seine räumliche Nähe aufsucht", ihn telefonisch, über das Internet oder durch Dritte kontaktiert oder ihm "mit der Verletzung von Leben, körperlicher Unversehrtheit, Gesundheit oder Freiheit seiner selbst oder einer ihm nahe stehenden Person bedroht oder eine andere vergleichbare Handlung vornimmt", sind bisher für eine Untersuchungshaft nicht ausreichend. Das hatte Bayern im Bundesrat ändern wollen – erfolglos.

Mit einem zweiten Vorstoß ist Bayern bisher ebenfalls gescheitert: Ziel war, den Strafrahmen bei einer Zuwiderhandlung gegen das Kontaktverbot, derzeit zwischen drei Monaten und fünf Jahren, auf mindestens zwei Jahre zu erhöhen.

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