Pocking/Rosenheim
Polizist beteiligt sich an Hass-Beiträgen gegen Flüchtlinge

17.11.2014 | Stand 20.09.2023, 22:22 Uhr

− Foto: Screenshot/Am-Sonntag.de

Ein Akt der Nächstenliebe hat auf der Facebook-Seite "Spotted Pocking" für zahlreiche fremdenfeindliche Kommentare gesorgt − mittendrin hetzt auch ein aus Pocking stammender Polizist gegen Flüchtlinge. Seine Kollegen zeigen sich schockiert, Ermittlungen sind seit Freitag eingeleitet, wie die Passauer "Am Sonntag" in ihrer aktuellen Ausgabe berichtet.

Stein des Anstoßes war folgende Anfrage auf der öffentlichen Facebook-Seite "Spotted Pocking": "Hallo, kann mir evtl. jemand sagen wann genau am Freitag die Asylanten in Pocking/Hartkirchen eintreffen werden, da ich diverse Willkommensgeschenke (Spielsachen, Fernseher, Wii, DVD Player, Kleidung, Handy) zu verschenken hätte. Danke."

Willkommensgeschenke für Flüchtlinge? Das konnten einige Facebook-Nutzer, darunter der Polizist, offenbar nicht nachvollziehen. Etliche ausländerfeindliche Kommentare waren die Folge: Die Bandbreite reicht von "Des einzige was i denen schenk is a One-Way Ticket zurück in die Heimat!!!" bis hin zu schier unfassbaren Aussagen wie "I hät nu a gasflasche und a Handgranate rum liegen für des gfrast Lieferung frei Haus". Auf die letztgenannte Aussage folgte kurz darauf auch das empörende Posting des in Pocking lebenden Familienvaters, der in Oberbayern als Polizist eingesetzt ist: "I häd nu 60 Eintrittskarten fürs Onkelzkonzert mit Zugticket herzugeben. Aber ohne Rückfahrt. De erübrigt sich dann sowieso."

Eine unglaubliche Entgleisung, deren Intention nicht schwer zu erraten ist. Der Polizist bietet Zugtickets ohne Rückfahrt (Anm. d. Red.: Die Deportationen von Juden in die Konzentrationslager des Dritten Reichs fanden ebenfalls per Zugtransport statt) zum Konzert einer Band an, deren Liedgut in der rechten Szene beliebt ist. Die umstrittene Gruppe hat in der Vergangenheit auch Songs veröffentlicht, die aufgrund der Verherrlichung von Nazi-Gedankengut auf dem Index stehen und verboten sind.

Geradezu geschockt und betroffen reagierte man beim zuständigen Polizeipräsidium Oberbayern Süd in Rosenheim auf den Vorfall. Sprecher Dieter Bezold erklärte am Freitag telefonisch gegenüber der AS: "Wir nehmen die Sache sehr, sehr ernst. Die Äußerungen des Kollegen werden wir einer strafrechtlichen Prüfung zuführen und gegebenenfalls an die Staatsanwaltschaft weiterleiten." Rechtsradikales Gedankengut werde bei der Polizei keinesfalls geduldet, von den Äußerungen des Kollegen distanziere man sich deutlich. Ob im juristischen Sinne der Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt ist, könne man aktuell noch nicht sagen. Dennoch: Dienstlich soll der Beamte zurechtgewiesen werden − es wird laut Bezold ein Gespräch mit Vorgesetzten geben. Man wisse sehr wohl, wie heiß das Flüchtlingsthema derzeit ist. "Gerade Beamte müssen deshalb eine besondere Sensibilität bei Diskussionen aufweisen", so Bezold.

Andere Facebook-Nutzer, die auf "Spotted Pocking" gegen Ausländer gehetzt haben, dürften demnächst Post von der Staatsanwaltschaft erhalten. In mindestens einem Fall sieht Bezold die Grenze der freien Meinungsäußerung überschritten und den Tatbestand der Volksverhetzung als erfüllt.

60 Flüchtlinge sind am Freitag übrigens nicht nach Hartkirchen gekommen. "Der Termin und die Anzahl der Flüchtlinge, die in der lokalen Presse kommuniziert wurden, waren eine Falschmeldung. Wann, woher und wie viele Flüchtlinge nach Hartkirchen kommen, das steht noch nicht fest", erklärte Pockings Bürgermeister Franz Krah auf AS-Anfrage.

Der Bericht ist erschienen in der "Am Sonntag".