Passau
Strengere Regeln für Prostitution in der Kritik: "Nicht gut gemacht"

11.09.2014 | Stand 21.09.2023, 5:48 Uhr

Im Passauer "Eroscenter Platin" mieten Frauen ein Zimmer, in dem sie den zahlenden Kunden zur Verfügung stehen. Laufhaus-Chef Merko Gegic befürwortet ein strengeres Prostitutionsgesetz – eine Meinung, die er mit Opferschutz-Organisationen teilt. Doch manche Prostituierte fürchten, kriminalisiert zu werden. − Foto: pnp

Tanja Sommer hat Sex für Geld. Manchmal mehrere Stunden am Tag, manchmal nur mit ein, zwei Kunden. Wenn sie eine Pause braucht, dann nehme sie sich eine, sagte die 53-Jährige. Freie Zeiteinteilung, ein Vorteil der Selbstständigkeit. Was Tanja Sommer in einer deutschen Großstadt tut, um sich und ihren Kindern den Lebensstandard zu sichern, nennt sich Wohnungsprostitution und ist nur ein Aspekt einer Branche, deren Spielregeln sich bald ändern sollen.

Die Große Koalition plant ein neues Prostitutionsgesetz, das aus dem "Bordell Europas", wie Deutschland oft genannt wird, ein Land machen soll, in denen Prostituierte mehr Schutz genießen. Die Opferschutz-Organisation Solwodi, ein Verein, der auch in Passau Opfer von Zwangsprostitution betreut, begrüßt die Pläne. "Unsere Gesellschaft sollte sich Prostitution nicht antun", findet Brigitte Eaglemeare, die in Passau eine von 13 Solwodi-Beratungsstellen bundesweit leitet.

Angst um wirtschaftliche Grundlage

Tanja Sommer fürchtet dagegen um ihre wirtschaftliche Grundlage, sollten die strengeren Regeln beschlossen werden. "Gut gemeint, aber nicht gut gemacht", beurteilt sie die Pläne als eine der drei Frauen im Vorstand des Berufsverbands erotische und sexuelle Dienstleistungen (BesD). Der Verband nimmt die Gegenposition zu Hilfsorganisationen wie Solwodi ein. "Der Beruf ist legal und sollte legal bleiben", sagt sie. Sommer heißt in Wirklichkeit anders. Ihre Anonymität ist ihr als Schutz wichtig. Ihre Vorstandskolleginnen und sie sitzen unter ihren Arbeits-Namen in Talk-Formaten und versuchen, ihre Sicht der Dinge zu erklären.

"Strengeres Gesetz würde Branche kriminalisieren"

"Ein strengeres Prostitutionsgesetz würden die Branche kriminalisieren und damit die Arbeitsbedingungen der Sexarbeiterinnen verschlechtern, erklärt Sommer. Eine Kondompflicht, wie sie die Union fordert, wäre schwer zu kontrollieren – und wenn, träfen Strafen wieder nur die Frauen und nicht die Freier. Auch eine Heraufsetzung des Mindestalters auf 21 Jahre würde jüngere Prostituierte nicht abhalten. "Damit wäre einer Frau, die sich mit 18 entscheidet, für Sex Geld zu nehmen, lediglich ein legaler Arbeitsplatz, der sie auch mit einer gewissen Sozialkontrolle schützt, verschlossen."

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