Regen
Vor 140 Jahren: Großer Brückenschlag für die Bahn

11.04.2017 | Stand 19.09.2023, 6:35 Uhr
Hans Vogl

Eine Foto-Rarität vom Bau der Brücke über das Tal der Schloßauer Ohe. Diese Brücke ist die zweithöchste Eisenbahnbrücke Bayerns. − Fotos: DB-Archiv/Repro Hans Vogl /Lukaschik

Die Artikel der vergangenen Wochen hatten den Straßenbau Mitte der 1930er Jahre zum Inhalt. Hinsichtlich der Entwicklung des Verkehrs gibt es aber in diesem Jahr ein kleines Jubiläum, das an ein epochales Ereignis erinnert, die Eröffnung der Waldbahn im Jahr 1877, also vor 140 Jahren.

Es ist heute nicht mehr vorstellbar, welche Bedeutung die Zugverbindung und der Anschluss an die Strecke Plattling-München für unsere Region hatte, sowohl im Personen- als auch im Güterverkehr. 1873 fiel die heiß umkämpfte Entscheidung zu Gunsten der Bahnlinie München–Landshut–Eisenstein–Prag. Die zuvor favorisierte Trasse nach Böhmen über Straubing und Cham wurde nicht mehr verfolgt.

Buchstäblich "zügig" wurde mit dem Bau der Waldbahn begonnen. Es war ein technisch schwieriges Unterfangen, da ein enormer Höhenunterschied zu überwinden war und Täler überbrückt werden mussten. Sogar Tunnel mussten gebaut werden. Dennoch gelang es, die Strecke Deggendorf-Ludwigsthal bereits am 16. September 1877 in Betrieb zu nehmen. Nach Fertigstellung der Deffernikbrücke konnte die insgesamt 74,7 Kilometer lange Strecke bis Eisenstein am 15. November 1877 eröffnet werden.

Gotthard Oswald schreibt in seiner Stadtgeschichte, dass die Eröffnung der Eisenbahn eine "unschätzbare Wohltat für den Personen- und Güterverkehr des ganzen engeren und weiteren Regener Bezirkes" war. Der Personenverkehr war dem entsprechend von Anfang an groß. Nicht minder groß war der Güterverkehr auf der Station Regen. In großer Menge – so Oswald weiter – kamen aus den Ortschaften der näheren und entfernteren Umgebung die Fuhrwerke zur An- und Abfuhr der mit der Eisenbahn zu befördernden und beförderten Güter. Neben der Holzverladung war laut Oswald der Wagenbedarf zur Beerenzeit besonders groß, als täglich durchschnittlich zwölf bis 15(!) Wagen Heidelbeeren vom Bahnhof abfuhren. Ende der 1940er Jahre erfolgte der Versand der Beeren als Expressgut; täglich mussten durchschnittlich 500 und mehr Lieferungen angenommen und abgefertigt werden.

Die größte der Eisenbahnbrücken der Waldbahnstrecke ist die Brücke über die Schloßauer Ohe, es ist die zweithöchst Eisenbahnbrücke Bayerns. Die Brücke hat eine Höhe von 48,3 Metern von der Schienenoberkante bis zum Normalpegel der Ohe. Ihre Länge beträgt 308 Meter. Die vier jeweils 73 Meter langen Stahlgitterträger lagern auf vier Granitquaderpfeilern.

Zweieinhalb Jahre wurde an dieser Brücke gearbeitet, wobei allein 220 Pferde für den Materialtransport zum Einsatz kamen. Die Granitquader gewann man vor allem aus Findlingsblöcken der umliegenden Fluren. Den Eisenbahnüberbau lieferten die Firma Spaeth aus Dutzendteich bei Nürnberg und die Süddeutsche Brückenbau AG in München. Der größte Teil davon wurde durch eine Materialbahn über die Eisenbahntrasse herangefahren. Insgesamt waren es 863 Tonnen Schmiedeeisen, 15,6 Tonnen Gusseisen und 3,5 Tonnen Nieten und Schrauben. Am 15. Juni 1877 war die Brücke fertig.

Das alles ist heute schon lange Vergangenheit. Die Motorisierung und der Ausbau der Straßen brachten eine Verlagerung des Verkehrs von der Schiene auf die Straße. Dennoch oder gerade deshalb dürfen wir diese wichtigen zurück liegenden Stationen auf dem Weg der Entwicklung unseres Gebiets nicht vergessen.

Mehr Informationen enthält der Band "Regen – Geschichte und Geschichten". Der in Vorbereitung befindliche Band "Regen – Stationen – Teil 1" wird ebenfalls auf diesen wichtigen Abschnitt der regionalen Verkehrsgeschichte eingehen.