Plattling
Staatssekretär Bernd Sibler: "Ämter kann man nicht erzwingen"

05.01.2018 | Stand 18.09.2023, 2:28 Uhr

"Man ist in dem Geschäft gut beraten, gut zu arbeiten, aber nie sich festzulegen, an diesem und jenem Termin dieses oder jenes Amt zu haben. Das macht unfrei", sagt Staatssekretär MdL Bernd Sibler über die Arbeit als Kommunal- und Landespolitiker. −Foto: Häusler

Über die Ansprüche der CSU, ein neues Kapitel Plattlinger Stadtgeschichte und das Schielen auf politische Ämter spricht Staatssekretär MdL Bernd Sibler (46) im Interview mit der Heimatzeitung.

Herr Sibler, seit Donnerstag läuft die Klausurtagung in Seeon. Am Freitag kamen zwei prominente Gäste aus dem Ausland: Viktor Orbán und Vitali Klitschko. Was erwartet die CSU von diesen Besuchern?

Sibler: Es war immer der Anspruch der CSU-Landesgruppe, internationale Gäste einzuladen. Wenn man über die Schließung der Balkan-Route und damit über den Rückgang der Flüchtlingszahlen spricht, muss man mit Viktor Orbán reden. Er hat einiges getan, das vielen nicht gefallen hat. Doch seine Handlungen haben Wirkung gezeigt. Zu Vitali Klitschko: Er ist Kiews Bürgermeister, die Ukraine ist ein Krisenherd Europas. Da muss man reden, um innere Befindlichkeiten eines Landes zu verstehen. Dann lässt sich auch gute Außenpolitik betreiben.

Welches Ergebnis erwarten Sie von der Klausurtagung?

Sibler: Es werden weitere Weichenstellungen für die Koalitionsgespräche mit der SPD kommen.

Und die werden wie ausfallen?

Sibler: Es werden sicherlich harte Gespräche werden. Ich bin immer noch bitter enttäuscht von der FDP, die den Laden platzen ließ, obwohl die Parteien insgesamt auf einem guten Weg waren. Jeder weiß, dass eine Jamaika-Koalition für die CSU keine Liebesheirat gewesen wäre. Mit dem Verhandlungsergebnis hätte man aber gut leben können, auch in Bezug auf Wirtschafts- und Flüchtlingspolitik. Familiennachzug und weitere Themen waren durchverhandelt. Und hinter diese Linie wird die CSU sicher nicht zurückgehen können und auch nicht wollen.

Zu Ihrer Heimatstadt. Welche Fortschritte sind in Sachen Forschungszentrum für moderne Mobilität in diesem Jahr zu erwarten?

Sibler: Der Spatenstich. Den müssen wir heuer machen, unbedingt. Mit dem Haushaltsplan des Freistaates Bayern, der nun offiziell dem Landtag vorliegt, hat die Landespolitik die Weichen gestellt. Die Anfinanzierung ist gesichert. Damit dies klappt, war ein enges Zusammenspiel zwischen Stadt, Hochschule und Ministerium nötig. Ich sehe in Plattling einen doppelten Synergieeffekt. Die Stadt hat die beiden denkmalgeschützten Gebäude gekauft und führt sie nun einer sehr guten Nutzung zu. Die Stadt erhält und nutzt die Gebäude. Ich sehe die historische Tradition, Plattling als Eisenbahnerstadt, und die neuen technologischen Akzente, die gesetzt werden. Wir werden damit ein neues Kapitel Plattlinger Stadtgeschichte aufschlagen. Bis vor wenigen Jahren war der Bereich, der heute Nordpark genannt wird, ein weniger schöner Punkt. Mit den angesiedelten Unternehmen, dem Forschungszentrum und den Landkreisschulen haben wir ein Viertel komplett neu entwickelt. Und der erste Aufschlag war eigentlich die BRK-Kinderkrippe. Es ist eine sensationelle Entwicklung.

Die auch eine Stange Geld kostet...

Sibler: Natürlich kostet das Geld, aber die Stadt hätte für die Gebäude – egal bei welcher Nutzung – Geld in die Hand nehmen müssen. Ich denke, dass dies eine gute Investition ist, obwohl nicht alle Entwicklungen absehbar sind. Wer das Potenzial der THD erkennt, weiß, dass sich da einiges tun wird. Die Themen Mobilität und Vermessung von Fahrzeugen via Computertomographen sind spannend und zukunftsträchtig.

Wird die Heimatzeitung nach den Landtagswahlen weiterhin "Staatssekretär Bernd Sibler" schreiben – oder "Minister"?

Sibler: Oder "Abgeordneter" oder einfach "Bernd Sibler"? Ich weiß es nicht. Das hängt von Dingen ab, die heute nicht greifbar sind. Markus Söder wird, sobald er als Ministerpräsident gewählt ist, eine Kabinettsumbildung machen, die erste Trends erkennen lassen wird. Mindestens eine Position wird er neu besetzen: die des Finanzministers. Weiteres wird man sehen. Man ist in dem Geschäft gut beraten, gut zu arbeiten, aber nie sich festzulegen, an diesem und jenem Termin dieses oder jenes Amt zu haben. Das macht unfrei. In den 20 Jahren als Landtagsabgeordneter und 22 Jahren als Kommunalpolitiker habe ich intensiv die Erfahrung gemacht, es ist besser, nicht auf Ämter zu schielen. Ich habe auch schon viele Menschen gesehen, die es anders gemacht haben. Ämter kann man nicht erzwingen. Wer dies weiß, lebt besser und macht bessere Politik.
Interview: Christoph Häusler