Plattling
Flüchtling, Einzelkämpfer, angehender Zahntechniker: Jamal Naser

31.07.2017 | Stand 19.09.2023, 6:52 Uhr

Er liebt die direkten Wege. Um eines Tages Arzt zu werden, nimmt Jamal Naser jedoch auch Umwege in Kauf. Im September tritt der junge Syrer seine Ausbildung als Zahntechniker an. − Foto: Reicher

In seinem Tiefschlaf hört Jamal Naser das Dröhnen des Flugzeugs nicht, das auf sein Dorf in den Bergen von Aleppo zusteuert, auch nicht das Pfeifen der abgeworfenen Fassbombe. Erst der ohrenbetäubende Einschlag, der am frühen Morgen des 19. Dezember 2013 das Haus seiner Familie zerstört, reißt ihn aus dem Schlaf. Heute, dreieinhalb Jahre später, sitzt Jamal im leeren Gemeinschaftsraum des Plattlinger Jugendwohnheims. Wenn er hier in seinem Zimmer aufwacht, muss er nicht mehr nach täglichen Bombenangriffen lauschen. Mit dem Qualizeugnis und einem Ausbildungsplatz als Zahntechniker in der Tasche baut sich der 17-Jährige ein neues Leben auf.
Jamal Naser ist ein Einzelkämpfer, wie er im Buche steht. Er flüchtete nicht mit seinen Eltern und Geschwistern, die alle wie durch ein Wunder lebend aus den Trümmern ihres Hauses entkamen, vor dem syrischen Bürgerkrieg in die Türkei. Stattdessen entschied er sich, in Aleppo zu bleiben, den täglichen Kriegsgefechten zu trotzen und die Schule zu beenden. Sein Ehrgeiz brachte den damals 14-Jährigen aber schließlich doch dazu, seine Heimat zu verlassen. Er sah ein, dass es in Syrien keine Chance mehr für ihn gab, sein Ziel zu erreichen: Arzt werden. "Das wollte ich schon immer", sagt Jamal selbstsicher. Der entschlossene Blick in seinen nussbraunen Augen lässt keinen Zweifel an seinen Worten aufkommen.

Jamal mag die direkten Wege. Nach dem Schulabschluss das Medizinstudium, danach als Chirurg seinen Mitmenschen helfen – das war sein Plan. Der Bürgerkrieg lehrte ihn, sich einen Weg durch die Hindernisse zu bahnen, die ihm das Leben in den Weg stellte.

− cav

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