Tyrlaching/München
Hilfe für die, die sich Hilfe nicht leisten können

22.04.2017 | Stand 19.09.2023, 7:02 Uhr
Tine Limmer

Von einer im Kleinbus untergebrachten mobilen Praxis aus kümmern sich die Helfern von "Ärzte der Welt" um ihre Patienten. Beim kleinen Suma etwa diagnostiziert Dr. Peter Zepper an diesem Abend eine Mittelohrentzündung. Dazu kommt eine Schwellung am Bein vom Fußballspielen. − F.: Limmer

Dr. Peter Zepper ist als Neurologe täglich im Zentralklinikum Augsburg mit der Behandlung seiner Patienten beschäftigt. Doch seit dreieinhalb Jahren ist der gebürtige Tyrlachinger (Lkr. Altötting) einmal im Monat nach Dienstschluss für die Hilfsorganisation "Ärzte der Welt" im Einsatz. Regelmäßig behandelt er Obdachlose, Menschen ohne gesicherten Aufenthaltsstatus, Sexarbeiterinnen oder auch Selbständige, die sich wegen beruflicher Engpässe eine Krankenversicherung und damit einen Arztbesuch nicht leisten können.

Von Anfang November bis Ende April fährt der Behandlungsbus von "Ärzte der Welt" wöchentlich die Bayernkaserne an. Der Sprinter hat alles was ein Arzt braucht. Eine Heizung, eine Liege, Verbandsmaterial und Medikamente. Heute lässt Dr. Peter Zepper seinen weißen Kittel im Krankenhaus, denn hier braucht er ihn nicht. Pulli und Jeans genügen dem 35-Jährigen. An seiner Seite ist Theresa Schmalfuß, eine junge Medizinstudentin. Hinzu kommen eine Praktikantin und Projektleiter Dr. Cevat Kara.

Viel dürfte an diesem lauen Frühlingsabend nicht los sein, mutmaßt Zepper. Die große Kältewelle ist vorbei und damit auch die typischen Infektionen, die sich holt, wer auf der Straße lebt. Auf dem riesigen Gelände der Bayernkaserne gibt es Notquartiere für wohnungslose Männer, Frauen und Elternteile mit Kindern. Direkt davor hat der Behandlungsbus seinen Standplatz. Hier finden im Winter Obdachlose aus Ost- und Südeuropa, Gelegenheitsarbeiter, Schwarzarbeiter oder Tagelöhner nach Anmeldung eine Übernachtungsmöglichkeit.

Sie sind auch das Klientel der Ärzte. Chronische und akute Krankheiten aller Art, sexuell übertragbare Infektionen, Arbeitsunfälle, Tumorerkrankungen, Diabetes und vieles mehr. Mit all dem sind Dr. Peter Zepper und seine Kollegen jeden Montag in der Bayernkaserne sowie mittwochs am Hauptbahnhof und in der Praxis "open.med" in der Dachauer Straße konfrontiert.

An diesem Tag wartet schon ein 41-jähriger Rumäne mit Krücken auf seine Behandlung. Er humpelt in den Bus und kommt mit einem neuen Verband am Fuß wieder zurück. Seinen Namen will er, wie die meisten, nicht nennen. Vor einem Jahr ist er nach Deutschland gekommen um ein besseres Leben zu beginnen. Doch gelandet ist er auf der Straße. Kürzlich ist er vom Fahrrad gefallen und hat sich den Fuß und den Meniskus verletzt. Um zu sehen ob eine Operation nötig ist, muss eine Kernspinaufnahme gemacht werden. Dafür schickt ihn Peter Zepper zu einem seiner Kollegen, der ebenfalls für die Organisation ehrenamtlich arbeitet. Mit Verbandsmaterial, Schmerzmittel und Spritzen gegen Thrombose wird er in den Abend entlassen. Doch weggehen will er noch nicht. Was er neben der medizinischen Betreuung vor allem sucht, ist sozialer Anschluss. Er hat viel zu erzählen und freut sich über ein wenig Aufmerksamkeit.

Mehr dazu lesen Sie am Samstag, 22. April, im Alt-Neuöttinger/Burghauser Anzeiger.